Kein Vergütungsanspruch eines GmbH-Geschäftsführers allein aufgrund seiner Organstellung
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Kein Vergütungsanspruch eines GmbH-Geschäftsführers allein aufgrund seiner Organstellung


Kein Vergütungsanspruch eines GmbH-Geschäftsführers allein aufgrund seiner Organstellung

Kein Vergütungsanspruch des GmbH-Geschäftsfuehrers

Die Entscheidung des Landgerichts Wiesbaden vom 12. Dezember 2023 (Az. 11 O 42/22), die vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main am 30.12.2024 (26 W 1/24) bestätigt wurde bringt einmal mehr Klarheit in eine grundlegende Frage des deutschen Gesellschaftsrechts: Führt allein die Organstellung eines GmbH-Geschäftsführers automatisch zu einem Vergütungsanspruch? Die Antwort lautet eindeutig: Nein. Im Folgenden wird der Fall kurz zusammengefasst, die juristischen Kernpunkte beleuchtet und die praktische Relevanz für GmbH-Geschäftsführer und Unternehmen herausgestellt.

Überblick und Fallhintergrund

Im vorliegenden Verfahren ging es um einen Antrag der Gesellschafterin einer GmbH, die sich gegen die Nichtzahlung des Geschäftsführergehaltes an den Geschäftsführer der GmbH richtete. Hintergrund war der Konflikt um die Umsetzung eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung der GmbH, der die Abberufung des Geschäftsführers vorsah. Zwar wurde im Rahmen einer einstweiligen Verfügung festgelegt, dass der Geschäftsführer bis zu einer endgültigen Entscheidung weiterhin als Geschäftsführer zu behandeln ist, doch stellte sich die Frage, ob dies auch einen Anspruch auf fortlaufende Gehaltszahlungen begründet.

Die wesentlichen Fakten:

  • Geschäftsführeranstellung und Organstellung: Der Geschäftsführer wurde am 9. Februar 2021 als Geschäftsführer bestellt. Sein Anstellungsvertrag enthielt eine Klausel, wonach seine Abberufung als Kündigung des Vertrages zum nächstmöglichen, ordentlichen Kündigungszeitpunkt gilt.
  • Rechtliche Auseinandersetzung: Die Gesellschafterin forderte, dass das fortbestehende Organverhältnis auch einen Anspruch auf Geschäftsführergehalt begründe – insbesondere, da der Geschäftsführer im einstweiligen Rechtsschutz weiterhin als Organ behandelt wurde.
  • Streitpunkt: Ob aus der Organstellung allein, d.h. der formalen Bestellung zum Organ der Gesellschaft, ein Vergütungsanspruch abgeleitet werden könne.

Organstellung versus Anstellungsvertrag – Die juristische Kernfrage

Ein zentrales Ergebnis der Entscheidung lautet:
„Allein die Organstellung vermittelt dem Geschäftsführer grundsätzlich keinen Anspruch auf Vergütung für die der Gesellschaft erbrachte Tätigkeit.“

Darstellung des Unterschieds zwischen Organstellung und Anstellungsvertrag

Diese Unterscheidung ist von höchster Bedeutung:

  • Organstellung: Sie bezeichnet die formale Rolle des Geschäftsführers als Organ der Gesellschaft. Diese Stellung begründet Rechte und Pflichten im Rahmen der Vertretung der GmbH, jedoch nicht automatisch einen Anspruch auf eine vertraglich vereinbarte Vergütung.
  • Anstellungsvertrag: Die Vergütung eines Geschäftsführers entsteht in der Regel ausschließlich aus dem schuldrechtlichen Anstellungsvertrag. Hier sind die konkreten Vergütungsmodalitäten, Pflichten und Bedingungen individuell geregelt.

Trennung nach deutschem Recht, die in Frankreich nicht existiert

Erläuterung: Im deutschen Gesellschaftsrecht erfolgt im Gegensatz zum französischen Gesellschaftsrecht eine strikte Trennung zwischen der formalen Organstellung und dem schuldrechtlichen Anstellungsverhältnis. Allein die Bestellung zum Organ – sprich die formale Rolle als Geschäftsführer – begründet primär Rechte und Pflichten hinsichtlich der Vertretung der Gesellschaft, jedoch keinen automatischen Anspruch auf Vergütung. Der Anspruch auf Geschäftsführergehalt resultiert ausschließlich aus einem individuell abgeschlossenen Anstellungsvertrag, in dem die konkreten Vergütungsmodalitäten, Pflichten und Bedingungen ausdrücklich geregelt sind.

Während im französischen Gesellschaftsrecht die Funktion eines Geschäftsführers (bzw. gérant de SARL) unmittelbar und ausschließlich mit der Vergütungsregelung verknüpft ist, sorgt die strikte Trennung im deutschen System für klare rechtliche Verhältnisse und verhindert, dass die reine Organstellung automatisch zu einem Vergütungsanspruch führt. Wäre der vorliegende Fall eine SARL betreffen, würde der gérant aufgrund der in einem Gesellschafterbeschluss festgelegte Vergütung bis zur klaren Amtsbeendigung weiterhin erhalten.

Beurteilung durch das Gericht im konkreten Fall

Das Gericht wies darauf hin, dass beide Rechtsverhältnisse – die Organstellung und das anstellungsvertragliche Verhältnis – rechtlich selbständig sind. Der Umstand, dass der GmbH- Geschäftsführer im Rahmen der einstweiligen Verfügung weiterhin als Geschäftsführer behandelt wurde, führte demnach nicht automatisch zu einem Zahlungsanspruch für seine Tätigkeit.

Rechtliche Würdigung und praktische Bedeutung

Juristische Argumentation

Die Entscheidung stützt sich auf langjährig etablierte Grundsätze der Gesellschafts- und Arbeitsrechtslehre:

  • Rechtliche Trennung: Die Differenzierung zwischen der Bestellung zum Organ und dem Anstellungsvertrag ist grundlegend. Ein Geschäftsführer kann zwar im gesellschaftsrechtlichen Sinne abberufen werden, sein vertragliches Anstellungsverhältnis besteht – zumindest bis zur vertraglich festgelegten Kündigungsfrist – fort.
  • Fehlende Androhung im Urteilstitel: Das Gericht stellte fest, dass im Tenor des Urteils zwar eine Androhung (mittels Ordnungsgeld) für bestimmte Pflichtverletzungen enthalten war, diese aber in Bezug auf den Anspruch auf Vergütung fehlte. Eine entsprechende Verpflichtung zur Zahlung der Dienstbezüge wurde nicht ausgesprochen.
  • Unabhängigkeit der Vergütungsansprüche: Vergütungsansprüche ergeben sich aus dem konkreten Arbeitsvertrag und nicht aus der formalen Funktion als Organ der Gesellschaft. Dies unterstreicht auch die Bedeutung einer sorgfältigen vertraglichen Gestaltung im Geschäftsführer-Anstellungsverhältnis.

Praktische Relevanz für Unternehmen und Geschäftsführer

Für Unternehmen und deren Geschäftsführer hat diese Entscheidung weitreichende Konsequenzen:

  • Vertragsgestaltung: Unternehmen sollten sicherstellen, dass die Regelungen im Geschäftsführer-Anstellungsvertrag klar und eindeutig die Bedingungen der Vergütung definieren. Eine vertragliche Verknüpfung von Organstellung und Gehaltsanspruch ist rechtlich nicht automatisch gegeben.
  • Risikominimierung: Geschäftsführer, insbesondere Fremdgeschäftsführer, sollten darauf achten, dass ihre Vergütungsansprüche vertraglich abgesichert sind – gerade in Konfliktsituationen, in denen gesellschaftsrechtliche Maßnahmen (wie eine Abberufung) anstehen.
  • Rechtssicherheit: Die Entscheidung stärkt die Rechtssicherheit, da sie den Grundsatz bestätigt, dass Vergütungsansprüche auf einer separaten schuldrechtlichen Grundlage beruhen und nicht mit der formalen Bestellung zum Organ der GmbH verknüpft sind.

Fazit und Ausblick

Die Entscheidung des LG Wiesbaden verdeutlicht, dass die reine Organstellung eines GmbH-Geschäftsführers keinen eigenständigen Anspruch auf Vergütung begründet. Lediglich der Anstellungsvertrag schafft den vertraglichen Anspruch auf Geschäftsführergehalt.

Diese Schlussfolgerung erinnert wieder daran, dass der GmbH-Geschäftsführer einen geringeren Schutz als Arbeitnehmer genießt und er mit großer Sorgfalt die Bedingungen seines Eintritts in die Gesellschaft verhandeln sollte.

Signature en allemand

Françoise Berton, französische Rechtsanwältin

Alle Urheberrechte vorbehalten

Bild: magele-picture



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